Es handelt sich schlicht um die Tatsache, dass im Mittel jeder Pkw in Deutschland, der sich im Straßenverkehr bewegt, mit nur 1,2 Personen besetzt ist. Da darf sicher die Frage gestellt werden, warum fast jedes Auto 4 bis 5 Sitze aufweist? Vielleicht liegt es daran, dass sich die Fahrzeughersteller an einer etwas überkommenen Familiengröße orientieren, die noch aus der Zeit der Anfänge des Automobils stammen. Als Berta Benz, ohne die es das heutige Unternehmen Mercedes Benz vermutlich nie gegeben hätte, im Jahre 1888 ihre legendäre Überlandfahrt vornahm, bekamen Frauen im Durchschnitt noch 5 Kinder. Der Benz Patent-Motorwagen Nr. 3, den die mutige Frau nutzte, war übrigens ein dreirädriger Dreisitzer.
Von da an sanken jedoch die Geburtenraten kontinuierlich, was nicht direkt mit Berta Benz und ihrer Fahrt zu tun hatte, sondern mit den immer besser werdenden Lebensumständen der Bevölkerung in Deutschland. Schon in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen betrug die Geburtenrate nur noch 1,8 Kinder pro Familie. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zum Baby-Boom, der die Geburtenrate wieder auf 2,5 Kinder anwachsen ließ. Aber bereits 1965 setzte der „Pillenknick“ ein und innerhalb von zehn Jahren sank die Geburtenrate auf 1,4 Kinder. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert, weder durch den Zusammenschluss mit der ehemaligen DDR noch durch die Flüchtlingskrisen.
Warum dann Autos mit so vielen Sitzplätzen?
Das fast schon Groteske ist nicht nur die Anzahl der Sitzplätze, sondern ebenso die Pkw-Dichte in der Bundesrepublik. Gemäß den Zulassungszahlen kommt auf 2 Personen ein Auto. Das bedeutet, dass diesen zwei Personen im Durchschnitt 8 Sitzplätze zur Verfügung stehen. Sicher bequem für den Wochenendeinkauf, wobei nicht vergessen werden darf, dass die Fahrzeuge mindestens einen Kofferraum haben, meist jedoch sogar das gesamte Heckteil, denn der Kombi ist der beliebteste Fahrzeugtyp in der BRD.
Aus umwelttechnischer Sicht eine geradezu unglaubliche Verschwendung einer Vielzahl von Ressourcen.
Dabei nehmen das Gewicht der Fahrzeuge und damit der Verbrauch an Material beständig zu. Im Jahr 2017 besaßen von den zugelassenen Pkw in Deutschland fast 16 Millionen eine Gesamtmasse von 1700 bis 2000 kg. Fraglos ein deutlicher Hinweis auf die Beliebtheit der SUV. Noch mal gut 12 Millionen Kfz wiegen zwischen 1400 und 1700 kg. Autos mit 1200 bis 1400 kg Gesamtmasse sind mit einer Bestandszahl von 3 Millionen vertreten und dafür aber rund 11 Millionen Autos mit 2000 bis 2500 kg. Alle Zahlen sind der Statistik des Kraftfahrtbundesamtes entnommen und können hier nachgelesen werden.
Die Mehrheit der Fahrzeughalter in Deutschland schleppt also für den Transport von durchschnittlich 1,2 Personen oder 100 bis 120 kg Eigengewicht zusätzlich rund 1800 kg mit sich. Gute 1,8 Tonnen, um Brötchen zu holen, zur Arbeit zu fahren, das Kind zur Schule zu bringen oder die Verwandtschaft zu besuchen. Von den insgesamt 46,5 Millionen zugelassenen Pkw in der BRD bringen es die Fahrzeuge, die unter 1200 kg Gesamtmasse liegen, zusammen gerade einmal auf die Stückzahl von 900 Tausend.
Kleinstfahrzeuge erreichen also noch nicht einmal die Millionengrenze. Aber genau diese Fahrzeuge sind wirklich ökonomisch wie ökologisch sinnvoll, auch wenn die Autoindustrie selbst einen 2,5-Tonner-SUV zum Spritsparwunder erklärt.
Wie viel Fahrzeug braucht der Mensch?
Worum geht es? Es müssen 1 bis 2 Personen sicher, trocken und warm in angemessener Geschwindigkeit transportiert werden. Das sind die realen Grundbedürfnisse. Also ein Fahrzeug mit zwei Sitzplätzen, einem Stauraum für Einkäufe, einer Heizung und ausreichend gesicherter Fahrgastzelle inklusive Sicherheitseinrichtungen wie Gurt und Airbag. Die Höchstgeschwindigkeit kann sich am Richtwert für Autobahnen orientieren und damit bei 130 km/h liegen.
Witziger- oder eher ironischerweise bietet genau der deutsche Fahrzeughersteller so ein Fahrzeug an, der eigentlich eher für großvolumige und schwere Limousinen bekannt ist, Mercedes Benz mit dem Smart. Der Smart wäre ein wirkliches Vernunftauto, wenn da nicht der recht hohe Preis, der für ein so leichtes Auto seltsam hohe Verbrauch und die hohen Reparaturkosten die Kauflaune drücken würden.
Es gibt jedoch Alternativen. Zum Beispiel der Aygo von Toyota, der Baugleich ist mit dem Peugot 108 und dem Citroen C1. Diese drei Fahrzeuge verfügen sogar über 4 Sitzplätze, auch wenn diese im Font nicht unbedingt für Riesen konzipiert sind. Alle drei gibt es als Benziner mit 1 Liter Hubraum und für alle drei besteht bereits eine Variante mit E-Motor.
Der ADAC hat hierbei festgestellt, dass bezüglich der Anschaffungskosten und des monatlichen Unterhalts nicht etwa einer der drei von Peugot, Citroen oder Toyota das Rennen macht, sondern der Kleinwagen Dacia Sandero SCe (Renault).
Geht das noch besser?
Bei aller Freude über sparsame Klein- und Kleinstfahrzeuge der großen Autohersteller muss bedacht werden, dass auch bei diesen Pkw das Leergewicht rund eine Tonne beträgt.
Es geht tatsächlich noch besser und interessanterweise schließt sich hierbei ein Kreis. Berta Benz war im Jahr 1888 mit einem Dreirad unterwegs. Das Dreirad gibt es heute wieder und durchaus nicht nur als Kinderspielzeug. Es handelt sich um die EU-Fahrzeugklasse L5e. In diesem Bereich gibt es einige Exoten, die schnell, schön und teuer sind, aber auch Fahrzeuge, die der Vernunft ergeben sind. Leider jedoch kaum in Europa, denn aktuell entscheidet sich der oder die Käuferin entweder für reinen Spaß in Form von Trikes oder gleich für den tonnenschweren SUV.
Wie reine Vernunft aussehen kann, zeigen die E-Fahrzeuge der in Hongkong ansässigen Firma Kyto, die seit Jahren um eine Zulassung für den europäischen Markt kämpft. Nicht wenige Verkehrsfachleute sehen in diesen Elektro-Dreirädern, die an die asiatischen TokTok erinnern, die beste Lösung, wenn der Verkehr unter der Last der 1,5- und 2-Tonner nicht kollabieren soll.