Da ist natürlich an erster Stelle der Aspekt der Massentierzucht zu nennen, die in nur sehr wenigen Fällen dem Tierwohl entspricht. Dazu kommt jedoch, dass für die Aufzucht der Tiere große Mengen an Futtermittel und Wasser benötigt werden. Für ein Kilo Rindfleisch werden bis zu 15.500 Liter Wasser benötigt. Wie ressourcenintensiv die Fleischerzeugung ist, zeigt ein anderes Beispiel. Auf der Landfläche, die für den Futteranbau von Zuchtvieh benötigt wird, lassen sich umgerechnet auf 1 kg Fleisch im gleichen Zeitraum beispielsweise 4000 kg Äpfel oder 6000 kg Karotten anbauen. Ein Rind etwa besitzt bei der Schlachtung ein Lebendgewicht von rund 670 kg. Davon wird jedoch nur etwa die Hälfte zu Fleisch verarbeitet. In der Hochrechnung bedeutet dies, dass entweder 335 kg Fleisch oder 4 Millionen kg Gemüse erzeugt werden. Dabei geht es nur um ein einziges Rind. Allein in Deutschland wurden im Jahr 2017 fast 9 Millionen Rinder geschlachtet.
Hinzu kommt die Problematik der Ammoniakentsorgung ins Grundwasser und die Erzeugung von Methan, das zu einem erheblichen Anteil am Klimawandel beteiligt ist.
Lösungen müssen her
Es ist eher 5 nach statt 5 vor 12 in Bezug auf Lösungen zu der Frage nach dem übermäßigen Fleischkonsum der Welt. Eine vielversprechende Entwicklung zeigt sich in der Idee des Clean Meat, dem sauberen Fleisch. Dabei handelt es sich um in der Retorte gezüchtetes Muskelfleisch.
Die Forscher, die sich damit beschäftigen, nutzen hierzu Stammzellen, denen in einem Reagenzglas vorgegaukelt wird, das sie sich in einem tierischen Körper befinden. Das Endprodukt ist tatsächlich richtiges Fleisch. Im Großen und Ganzen hat das Clean Meat in der Entwicklung bereits eine Stufe erreicht, die in den kommenden zwei Jahren die industrielle Fertigung erlauben würde. Noch gibt es jedoch ein Problem. Um die Muskeln im Reagenzglas wachsen zu lassen, wird das Protein von tierischem Blutserum benötigt. Das ist zum einen sehr teuer und zum anderen auch nur erhältlich, wenn wiederum Tiere getötet werden. Also suchen die Wissenschaftler nach pflanzlichen Ersatzstoffen oder Bakterien beziehungsweise Hefekulturen, mit deren Hilfe das notwendige Serum erzeugt werden kann. Einige der Firmen, die sich mit Clean Meat beschäftigen, haben dabei schon gute Erfolge erzielt.
Immerhin hat die FDA, die US-amerikanische Lebensmittelbehörde, bereits ein Regelwerk erlassen, unter welchen Voraussetzungen Clean Meat verkauft werden darf. Die Marktentwicklung wird jedoch einige Jahre dauern. Zuerst werden nur wenige und sehr teure Produkte aus Clean Meat im Handel erhältlich sein. Es ist zudem auch eine Frage der Akzeptanz. In verschiedenen Umfragen zeigt sich eine Zweiteilung des Verbrauchers. Einerseits begrüßt praktisch jeder die damit verbundene Verringerung der Massentierhaltung. Andrerseits lehnt der größte Teil der befragten Personen künstliches Fleisch ab. Letztlich wird der Preis darüber entscheiden. Ziel muss es sein, das Clean Meat in ungefähr der gleichen Preisklasse erhältlich ist wie herkömmlich gezüchtetes Fleisch. Das kann jedoch dauern und es darf nicht vergessen werden, dass die Züchter von Rindern, Schweinen und Hühnern nicht kampflos Marktanteile abgeben werden.
Insekten als Nahrungsmittel?
Viele haben vielleicht schon einmal im Asien-Urlaub geröstete Heuschrecken oder getrocknete sowie gesalzene Maden gesehen und vielleicht auch mal davon gekostet. Nach Angaben der FAO, der Welternährungsorganisation, ernähren sich weltweit aktuell etwa zwei Milliarden Menschen regelmäßig von Insekten. Es gibt rund 1900 essbare Insektenarten, wobei sie als Lebensmittel in Europa noch ein Nischendasein führen. Dabei hat die EU im Jahr 2018 mit einer Verordnung den Weg für Lebensmittel aus Insekten frei gemacht.
Ganz so weit weg vom Insekten-Essen ist die europäische Kultur auch gar nicht. Wilhelm Busch etwa genoss zu Lebzeiten gerne eine Maikäfersuppe und Aristoteles naschte hin und wieder von Zikaden. Milbenkäse ist eine noch heute erhältliche teure Spezialität, die unter Mitwirkung der kleinen Gliederfüßler entsteht und bis in das Jahr 2006 wurde die intensive rote Farbe des Bitterlikörs Campari durch die Cochenilleschildläuse bestimmt.
Auch wenn Insekten nicht dem gewohnten Bild der Europäer von Fleisch entsprechen, inhaltlich können sie mit Steak, Schnitzel oder Kotelett locker mithalten. Sie enthalten genauso Eiweiß, Vitamine, Proteine, Fettsäuren und Mineralstoffe wie ihre Genossen aus der Wirbeltier-Sektion. Dabei lassen sie sich weit schneller und einfacher züchten als Rind, Schwein oder Huhn. Die Umweltbelastung durch eine Insektenzucht ist im Verhältnis zur üblichen Tiermast ungefähr um das Hundertfache geringer. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat zu diesem Thema im Jahr 2018 einen Effizienzvergleich aufgestellt, der beeindruckende Zahlen vorweist. Der essbare Anteil einer Heuschrecke liegt bei 80 %, der eines Rindes bei 50 %. Eine Heuschrecke benötigt umgerechnet auf das Kilo viermal weniger Futter als ein Rind. Die Treibhausemissionen verringern sich um das Hundertfache. Der Proteingehalt der Heuschrecke liegt 10 % über dem eines Rindes. Der Platzbedarf zur Aufzucht von Heuschrecken ist im Verhältnis um 12,5 x Mal kleiner und letztlich verbrauchen 1 Kilo Heuschrecken gerade einmal 1 Liter Wasser bis zur Verarbeitung. Ein Kilo Rind benötigt bis zur Schlachtreife satte 15.500 Liter.
Ob nun Insekten oder Fleisch aus der Retorte, beide Alternativen schonen in einem erheblichen Umfang die Ressourcen der Erde. Die Rodung von Waldflächen, die der CO2-Bindung dienen, würde sich erheblich reduzieren. Auf Weide- oder Ackerflächen, die für Tiere oder für den Anbau von Tierfutter gedacht sind, könnte eine Renaturierung stattfinden beziehungsweise Gemüse angebaut werden, das direkt der menschlichen Ernährung dient. Durch die verringerte Anzahl an Zuchttieren ginge der Methan-Austoß zurück und zu guter Letzt würde sich das Leiden der Tiere in engen Käfigen oder Stallboxen, vollgespritzt mit Antibiotika, wesentlich verringern.
Allerdings ist die abendländische Kultur seit Tausenden von Jahren auf das Fleisch von mehr oder weniger großen Säugetieren eingestellt. Das wird sich nicht so schnell ändern.