Die Paläontologen dieser Welt konnten feststellen, dass es in den vergangenen 540 Millionen Jahren fünf Zeitpunkte gab, in denen große Teile der tierischen und auch pflanzlichen Arten plötzlich ausstarben. Entweder durch Vulkanausbrüche, Eiszeiten oder den Einschlag großer Meteoriten.
Der Mensch ist gerade dabei, den sechsten Zeitpunkt des großen Artensterbens zu verursachen. Wie intensiv, zeigen aktuelle Zahlen des WWF in dessen Weltzustandsbericht 2018. Zwischen den Jahren 1970 und 2014 ging die Anzahl der frei lebenden Wirbeltiere um 60 % zurück. Hauptsächlicher Auslöser ist die Verdrängung der Tiere aus ihrem Lebensraum durch Bergbau, Landwirtschaft und ausufernde Städte.
Am Anfang war der Mensch
Doch das ist fast schon als Endphase anzusehen, denn seitdem der Mensch auf der Bühne der Arten aufgetreten ist, zeigte er sich praktisch von Anfang an nicht im Einklang mit der Natur, sondern immer als deren erbitterter Gegner.
Zu diesem Schluss kommen die dänischen Forscher Christopher Sandom, Søren Faurby, Brody Sandel und Jens-Christian Svenning in ihrer ausführlichen Studie „Proceedings B“.
Sie konnten anhand der vorliegenden Daten aus der Klimaforschung, der Archäologie und der Paläontologie feststellen, das zumindest in den letzten 135.000 Jahren weder das Klima noch ein anderer Faktor daran Schuld trugen, das große Wirbeltiere ab 10 kg ausstarben, und zwar weltweit. Es war schlicht der neu auf der Szene aufgetretene Mensch, der sie ausrottete. Rund 200 Arten fielen vor allem der Raubgier des frühen Menschen zum Opfer. Das begann schon in Afrika, dem Ursprung des Homo Sapiens und seiner Vorläufer und setzte sich in jeder Region fort, in der sich der Mensch verbreitete. Da sind auch die sogenannten indigenen Völker nicht ausgenommen. Ob nun die Aborigines in Australien, die Pygmäen Afrikas oder die Indios Südamerikas. Sie alle nutzten die am einfachsten zu erlegenden und vielversprechensten Arten als Nahrungsmittel und dies bis zum letzten Tier.
Doch erst mit der Erfindung weittragender Waffen mit hoher Durchschlagskraft wurde die Ausrottung quasi industriell betrieben. Traurige Berühmtheit in diesem Zusammenhang erreichten hierbei der nordamerikanische Bison wie die ebenso in Nordamerika beheimatete Wandertaube. Der Bison konnte nur knapp überleben, die Wandertaube jedoch starb mit der letzten ihrer Art im Jahr 1914 endgültig aus. Beide fielen der Gier nach Weide- und Farmland sowie der Jagd zum Opfer, wobei dies meist Hand in Hand ging.
Gewehre, Gifte aller Art sowie Haus- und Nagetiere
Die menschliche Natur, sich den Planeten untertan zu machen, greift ungewollt auch auf dessen mehr oder weniger domestizierten Begleiter über. So etwa Hunde, Katzen, Schweine und natürlich Ratten. Diese zunächst in Europa und Asien vom Menschen angezogenen Tierarten entwickelten sich oft in der Begleitung des Menschen bei der Erkundung und Eroberung neuer Gebiete als fatale Mitbringsel. Auf verschiedenen Inselwelten der Karibik wie auch der pazifischern Südsee mussten vor allem Reptilien, Echsen und Vögel unter der Invasion von Ratten, Katzen, Hunden und auch Schweinen leiden und tun es noch immer. So schloss der australische Wildlife Service im Mai 2018 zehn Inseln des Great Barrier Reef für Besucher, um der auf den Inseln eingeschleppten Rattenplage Herr zu werden. Es ist bereits die zweite Aktion in diesem noch jungen Jahrhundert, um die Ratten wieder loszuwerden.
Niemand sollte dem Trugschluss unterliegen, das sich Ratten auch ohne den Menschen stark vermehren, genauso wenig wie Hunde, Katzen oder Schweine. Diese Menschennahen Tierarten profitieren vom Überfluss des Nahrungsangebots. Dabei sind die Tiere inzwischen wie der Mensch von der Natur weitgehend abgekoppelt. Sie erfüllen im Kreislauf keinerlei Funktion mehr, sondern stellen einen erheblichen Störfaktor dar.
Der nächste Grund für das Aussterben der Arten durch den Menschen ist die großindustrielle Produktion einer Vielzahl von Umweltgiften und schädlichen Materialien. Auch hierfür gibt es unwiderlegbare Beweise. Das Thema Plastikmüll muss hier gar nicht erwähnt werden, darüber weiß eigentlich jeder Bescheid. Jedoch allein in Deutschland sank zum Beispiel die Biomasse an fliegenden Insekten im Zeitraum von 27 Jahren, von 1990 bis 2017, um mehr als 75 %. Dreiviertel aller Brummer und Summer auf Wiesen, Feldern und in Wäldern sind verschwunden. Der Hauptgrund, so ein Wissenschaftler-Team der Universität Radboud, liegt in der Ausweitung großer Ackerflächen und der damit verbundenen Düngung mit Stickstoff sowie dem massiven Einsatz von Pestiziden. Den Insekten wird jedes Rückzugsgebiet genommen. Große landwirtschaftliche Maschinen benötigen Platz und lohnen nur bei entsprechend großen Flächen. Deshalb fallen Mischwiesen, Büsche und Hecken der Agrarindustrie zum Opfer.
Gibt es eine Kehrtwende?
Es mag sich apokalyptisch anhören, doch es gibt logisch gesehen kaum einen Grund zur Hoffnung. Mehr als 7,6 Milliarden Menschen bevölkern inzwischen diesen Planeten. Etwa 1,5 Milliarden dieser Menschen leben in einer unglaublichen Komfortzone, die sich vor allem durch völlig unnötigen Verbrauch und Überfluss auszeichnet. Sicher zeigt die eine oder andere regionale Idee Erfolg versprechende Ansätze, um die Artenvielfalt zu retten. Letztlich bleiben es aber nur wenige Tropfen auf einer heißen Herdplatte, die blitzschnell verzischen. Der Großteil der Menschheit, die nicht in der Komfortzone leben, will aber gerne dorthin und die Bevölkerung wächst. Im Jahr 2060 werden es voraussichtlich 10 Milliarden Menschen sein.
Das bedeutet unweigerlich die Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion und die Fertigungssteigerung unzähliger Dinge, die der Mensch für sein tägliches Dasein „benötigt“. Wie der Kollaps aussehen wird, ob er schleichend oder schnell eintritt und wann es geschehen wird, lässt sich nicht genau festlegen, aber nicht wenige große Denker sehen ihn schon in diesem Jahrhundert kommen.