Seit einigen Jahren geistern quer durch die Medien sogenannte Superfoods, die als Allheilmittel in Form von Nahrungsergänzungen angepriesen werden. Dabei wird von einer wirklich erstaunlichen Bandbreite an Krankheiten ausgegangen, die mit diesen Produkten bekämpft und geheilt werden sollen. Das beginnt bei harmlosen Hautunreinheiten und endet bei der Heilung von Krebs oder Alzheimer.
Doch sind diese Superheilmittel, die in den meisten Fällen gar nicht als Heilmittel angeboten werden dürfen, wirklich so unglaublich gesund? Es darf mit ruhigem Gewissen bezweifelt werden, denn die Pharmakologie beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit Pflanzenwirkstoffen und hat daraus eine Vielzahl von Medikamenten entwickelt. Auch die „Superfoods“ sind mitunter seit Jahrhunderten bekannt und kommen zum Teil in der Naturheilkunde zur Anwendung, jedoch längst nicht mit den geradezu ausufernden Heilsversprechen wie dies die Anbieter der Nahrungsergänzungsmittel gerne abgeben. Um eventuellen Regressansprüchen aus dem Weg zu gehen, sind deshalb die Beschreibungen zu den gesundheitsfördernden Wirkungen der Superfoods mit sehr vielen Eventualitäten gespickt.
Ein Merkmal nicht weniger Superfoods ist ihre exotische Herkunft, wobei es gar nicht tief genug in den Dschungel Amazoniens oder des Kongobeckens gehen kann, wo dann das Super-Allheilmittel in Form etwa einer Beere oder einer Wurzel gefunden wurde. Diese steht dann, getrocknet und zu Pulver zerrieben, als Nahrungsergänzungsmittel für einen wahnwitzigen Preis zur Verfügung und sorgt dafür, das ein eventuelles Krebsrisiko auf ein Minimum sinkt. Natürlich immer mit dem Zusatz, dass für die Wirkung keine Garantie abgegeben wird und die Beschreibung der Nebenwirkungen zu beachten sind.
Ist Gesundheit und Ernährung so einfach?
Superfoods sind zu einem gigantischen Markt herangewachsen, der Milliardenumsätze generiert. Nicht wenige Menschen glauben daran, sich mit Superfoods oder Nahrungsergänzungsmitteln etwas Gutes zu tun. Dieser Glaube ist noch nicht einmal unberechtigt, denn viele der verarbeitenden Produkte weisen durchaus hilfreiche Anteile an Mineralien auf, jedoch zum Beispiel weit weniger an Vitaminen, wie oft angenommen wird.
Auf der anderen Seite macht eine abwechslungsreiche Ernährung mit frischen, regionalen Zutaten jedes Superfood überflüssig. Aber genau da liegt wohl der Hase im Pfeffer. Der moderne Mensch liebt es, sich im Supermarkt oder im Discounter mit Produkten einzudecken, die preiswert sind und sich schnell zubereiten lassen, den Convenience Foods. Das sind keine Fertigprodukte, die nur noch erwärmt werden müssen, sondern eher halbfertige Nahrungsmittel. Statt dem Plastikteller mit Einteilungen für Fleisch, Gemüse und Beilage, der nur in die Mikrowelle geschoben wird, muss bei den Convenience Foods doch noch ein bisschen selbst gekocht werden, wobei dies für jeden der Lesen kann, kein großes Problem darstellt. Der Trick der Nahrungsmittelindustrie hierbei ist, dass dem Kunden vorgegaukelt wird, er oder sie würde im Grunde frische Nahrungsmittel erwerben, die ja noch selbst zubereitet werden.
Das jedoch ist ein Irrtum. Ein Cordon-Bleu aus der Tiefkühltheke, um ein populäres Beispiel zu nennen, hat mit Frische ungefähr so viel zu tun wie ein Brötchen, das schon seit vier Tagen im Brotkasten vor sich hingammelt. Dass es beim Cordon-Bleu nicht zum Gammeln kommt, dafür sorgen vor dem Verkauf Tiefkühlzentren, in denen das unter Umständen schon vor Wochen zugeschnittene Fleisch bei Minus 30 Grad lagert. In der Verkaufskühltheke sorgen zugesetzte Enzyme im Fleisch und spezielle Gase in der Verpackung sowie extra dafür verwendete Leuchten für ein appetitliches aussehen. Es wird an allen Ecken und Enden getrickst. Der mehr oder weniger aufgeklärte Kunde weiß das inzwischen, will aber von der bequemen Ernährung, Convenience bedeutet übersetzt bequem, nicht lassen und findet was im Supermarkt? Genau, Superfoods, die zu Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet wurden. Also kommt zu jeder Mahlzeit noch ein Löffel Moringa-Pulver oder getrocknete Goje-Beeren hinzu und schon ist alles wieder im Lot, was jedoch eine falsche Annahme ist.
Mehr Schein als Sein beim Superfood
Gerade die Exoten unter den Superfoods, denen ja eine besondere Wirkkraft aufgrund ihrer Herkunft zugeteilt wird, erweisen sich im verarbeiteten und damit transportfähigen Zustand als nur noch beschränkt wirksam. So ist der Moringa-Baum tatsächlich eine erstaunliche Pflanze, die von den Blättern über die Samen bis hin zur Wurzel wirklich alles bietet, was der Mensch braucht. Sogar Proteine, die sonst nur im Fleisch zu finden sind. Veganer und Vegetarier mit einem Moringa-Baum im Garten müssten keinerlei Mangelerscheinungen befürchten. Das Problem ist, das der Moringa-Baum nur in tropischen und subtropischen Gebieten gedeiht. In Deutschland bräuchte es schon ein gut geheiztes Gewächshaus, das zudem recht groß sein darf. Der Moringa-Baum wächst in einem Jahr rund acht Meter. Deshalb kommen hier nur getrocknete, zermahlene und schon länger gelagerte Bestandteile des Baumes an. In diesen jedoch sind viele gesunde Inhaltsstoffe nicht mehr oder nur noch zu minimalen Anteilen vorhanden. Genauso verhält es sich mit den anderen Exoten unter den Superfoods.
Regionale Frische ist das echte Superfood
Vitamine, Mineralien, Kalzium, Ballaststoffe und all die anderen essenziellen Nahrungsbestandteile sind in Fertiggerichten, Convenience-Food oder Nahrungsergänzungsmitteln nur in minimalen Mengen vorhanden. Sicher gibt es das eine oder andere Produkt, das zum Beispiel über ausreichend Vitamin C verfügt. Das hat jedoch wenig damit zu tun, das der Hersteller an die Gesundheit seiner Kunden dachte. Vitamin C oder Ascorbinsäure macht bestimmte Lebensmittel länger haltbar.
Wer sich selbst, aber auch der Umwelt etwas Gutes tun will, greift zu frischem Obst und Gemüse aus der Region. Nicht die Avocado, die wie die Banane über tausende Kilometer transportiert wurde, was übrigens auch den inzwischen großzügig genutzten Begriff Bio ad Absurdum führt. Bio-Bananen gibt es nur direkt im Erzeugerland, aber sicher nicht in Deutschland nach einem Schiffstransport, bei dem tausende Tonnen Schweröl in die Luft geblasen wurden, da kann noch so viel Bio drauf stehen. Wer sich daran hält und täglich statt der Nahrungsmittelindustrie den regionalen Erzeugern auf dem Markt oder den kleinen Läden und Fachgeschäften an der Ecke, die es zumindest in den Städten noch gibt, sein Geld bringt, der kauft jede Menge Superfood, nur nennt es sich zum Glück nicht so.