Sie schleichen sich stillschweigend in unseren Alltag und werden meist als selbstverständlich hingenommen. Neue Materialien, die bestimmte Eigenschaften aufweisen, ohne die verschiedene Produkte gar nicht möglich wären.
Oberflächlich gesehen unterscheidet sich etwa ein Haushalt des Jahres 1970 von dem eines Haushalts des Jahres 2017 kaum. Doch näher betrachtet fallen die Unterschiede durchaus auf. Entweder durch Gegenstände, die es 1970 noch nicht gab oder durch Geräte, die in ihren Eigenschaften Verbesserungen aufweisen. Das Smartphone oder die Mikrowelle waren beispielsweise vor 47 Jahren noch kein Bestandteil einer Wohnung, genauso wenig wie der PC beziehungsweise Laptop. Der klobige Röhrenfernseher machte dem Flachbildschirm Platz, auf dem Küchenherd lassen sich dank Ceran-Kochfeld Töpfe mühelos hin- und herschieben und die Beleuchtung wird von LEDs oder Stromsparlampen übernommen. Für all diese Neuerungen waren immer auch neue Materialien notwendig. Das sind jedoch nur wenige und offensichtliche Beispiele. Es gibt heute kaum Gegenstände in der täglichen Praxis, die aus dem exakt gleichen Material hergestellt werden wie im Jahr 1970. Die Materialforschung ist unermüdlich auf der Suche nach Verbesserungen, egal ob nun Maschinen, Werkzeuge, Küchenutensilien, Baustoffe oder Textilien.
Welche Unterschiede bringt uns die Zukunft?
Wie wird nun ein Haushalt beispielsweise im Jahr 2060 aussehen? Bei der Betrachtung dessen, was aktuell in der Materialforschung und Entwicklung vorangeht, zeigt sich ein Trend, der praktisch seit Beginn der Industrialisierung vor gut 250 Jahren anhält. Alles muss leichter und manchmal noch viel kleiner werden. Zusätzlich, dieser Trend ist noch nicht so alt, wird bei der Materialentwicklung sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit gesetzt.
So beschäftigt sich das renommierte Frauenhofer-Institut mit Holz. Natürlich ist Holz nun wahrlich kein neues Material, doch in dieser Form schon. Die Forscher wandeln Holz in Holzschaum um. Dabei besteht der spätere Holzschaum wiederum nur aus Holz. Es finden sich weder Weichmacher oder Schäumungsmittel beziehungsweise andere Chemikalien darin. Holz enthält alles, was ein guter Formschaum braucht, es liefert sogar selbst den Leim. Ein absolut ökologischer Baustoff, der als Basis zudem keine besondere Baumart benötigt. Es kann schlicht jede Holzart und Holzform verwendet werden, also auch Sägeabfälle oder die Reste von Durchforstungsarbeiten. Die Herstellung des Holzschaumes erfolgt durch Vermahlung, Suspension mit Wasser und der daran anschließenden Aufschäumung. Der Wärmedämmwert entspricht dem von Holzfaserplatten oder Polysterol. Im Brandverhalten ist Holzschaum vergleichbar mit Naturfaserdämmstoffen. Auf lange Sicht soll der Holzschaum vor allem das nach wie vor häufig eingesetzte Polysterol ersetzen und somit den Anteil an erdölbasierten Produkten deutlich verringern.
Noch bevor Holzschaum den Markt erobert, forschen die Mitarbeiter an einer vielversprechenden Modifikation, der Verbindung von Holzschaum mit Metallschwamm. Derartige Hybridlösungen erhöhen zum Beispiel die Biegefestigkeit, und zwar derart, dass eine Holzschaum-Metallschwamm-Komponente eine höhere Biegefestigkeit aufweist als die einzelnen Bestandteile für sich. Auch hier ist der Aspekt der Umweltverträglichkeit ausschlaggebend. Obwohl es ein Verbundwerkstoff ist, lässt sich die Hybridlösung vollständig recyceln und genauso aus recycelten Materialien herstellen.
Geht es in Sachen Computer noch kleiner?
Konrad Zuses Erfindung schrumpfte in nicht einmal einem Jahrhundert von der Größe eines Einfamilienhauses auf Westentaschenformat und steigerte dabei seine Leistungsfähigkeit um etwa das Tausendfache. Doch das Potenzial ist selbst bei immer kleiner werdenden Bestandteilen noch nicht ausgereizt. Im Bereich der wichtigen Halbleitertechnik kommt bisher kein Hersteller um das Silizium herum, das Sillicon Valley lässt grüßen. Nun jedoch treten zwei Stoffe in Konkurrenz zum bisherigen Basismaterial für Prozessoren. Bald schon können Computer gefertigt werden, deren Kernbauteile aus Molybdänit oder Graphen bestehen.
Beide, Graphen und Molybdänit, lassen sich in Schichten von nur einem Atom anwenden. Eigentlich ist dies ein Ding der Unmöglichkeit, denn damit sind sie zweidimensionale Objekte, was in unserer dreidimensionalen Welt normalerweise nicht möglich ist. Tatsächlich jedoch liegen die Kohlenstoffatome des Graphen nebeneinander und nicht übereinander. Das ist aber noch nicht alles, Graphen wie Molybdänit sind hervorragende elektrische Halbleiter beziehungsweise Leiter, wobei Molybdänit eine um 100.000fach höhere Energieeffizienz aufweist als Silizium.
Die zukünftigen Einsatzbereiche dieser beiden bemerkenswerten Materialien werden hauptsächlich im Computerbereich angesiedelt sein. Mit Ihnen wird der tatsächlich faltbare Computer möglich sein. Unzerbrechliche und wasserdichte Displays und eine Miniaturisierung von Prozessoren bis in den Nano-Bereich hinein sind damit die Zukunft. Wer kennt nicht die Szenen in Harry-Potter-Filmen, bei denen die Zeitung ihre Buchstaben wandelt und jedes Bild bewegt ist? Mit Graphen und Molybdänit ist dies in der Zukunft realisierbar. In der Medizin lassen sich Computer soweit verkleinern, dass sie zur Untersuchung einfach wie eine Pille verschluckt oder per Injektion auf die Reise ins Ich geschickt werden. Das hört sich sicherlich etwas euphorisch an, ist aber keineswegs mehr weit weg von der Realität.
Sand sparen mit Carbonbeton
Nun vom sehr Winzigen zum eher Großen. Die Bauwut der Menschheit ist ungebrochen. Dabei ist das mit Abstand wichtigste Baumaterial der Beton oder der Stahlbeton, herkömmlich ein Gemisch aus Zement, Eisenarmierungen und viel Sand. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends wurde nun an Carbonbeton geforscht und dieser bis zur Marktreife entwickelt.
Carbon ist viermal leichter als Stahl, dafür um das Sechsfache fester. Die Verbindung aus Carbon und Beton erlaubt bei höherer Festigkeit eine Einsparung von 75 % an Sand und Zement sowie anderen Zuschlagstoffen gegenüber Stahlbeton. Noch jedoch hat dieses neue Baumaterial, aus dem in Zukunft unsere Häuser gebaut werden, mit zwei Handicaps zu kämpfen. Zum einen ist die Herstellung von Carbonbeton aufwendiger als der von Stahlbeton, zum anderen ist die Recyclingfähigkeit noch nicht perfekt. Natürlich spielt auch der Preis eine Rolle. Ein Kilo Baustahl schwankt aktuell preislich zwischen 1 und 1,40 Euro pro Kilo. Carbonmatten liegen bei etwa 20 Euro pro Kilo. Trotzdem ist theoretisch gesehen Carbonbeton billiger, weil er um das 24-Fache effektiver als Stahlbeton ist, allerdings ist die Fertigung von Stahlbetonbauteilen hoch automatisiert und damit preiswerter, zumindest heute noch.